Alpenüberquerung Wien - Nizza: Viel Luft unter den Sohlen in den Dolomiten

Nach einer Woche Ausbrüten einer recht hartnäckigen Magen Darm Infektion konnte ich endlich wieder starten. Zum Glück hat Mark nun auch Urlaub und kann mich begleiten. In den Dolomiten hatte ich mehrere anspruchsvolle Streckenabschnitte geplant.
Allerdings wird uns auch in diesen zwei Wochen das Tempo recht häufig vom Wetter diktiert. Bis auf wenige Ausnahmen ist jeden Tag meist schon ab Nachmittag mit Gewittern zu rechnen, was die Planung langer Touren im Klettersteig nicht gerade vereinfacht.





Gleich zu Beginn starten wir bei halbwegs stabilem Wetter die Überschreitung der Civetta mit Aufstieg über die Ferrata Alleghesi und Abstieg über Ferrata Tissi. Die steile Kraxelei zum Gipfel fällt uns trotz der vielen Höhenmeter recht leicht. Am Gipfel ziehen bereits dichtere Wolken auf aber das Panorama ist einmalig, vor allem der Monte Pelmo ist immer im Blickfeld.



Im Abstieg gehts vorbei am Rifugio Torrani, das sich unterhalb vom Gipfel auf einem Plateau versteckt. Nach kurzer Pause machen wir uns auf zum Einstieg des Tissi Steigs. Schon nach einer halben Stunde wird es so kraftraubend und ausgesetzt, dass wir unsere Kräfte langsam schwinden sehen. Die letzten Höhenmeter heißt es am straffen Seil steile Platten runterzuhangeln. 


Am Wandfuß angekommen, ist nicht einmal Zeit für eine Pause, dunkle Wolken verheißen nichts Gutes. Zum Glück kommen wir halbwegs trocken ins Tal und das Gewitter fällt nicht ganz so heftig aus. Was für eine Mammuttour, die uns mal wieder gezeigt hat, dass man Dolomitenklettersteige nicht unterschätzen sollte.


Nach der Civetta gehts weiter Richtung Pala. Über das Canali Tal steigen wir auf, vorbei an der Treviso Hütte, unser Ziel ist die Pala Hochebene. Der Weg ist leicht zu gehen und wir kommen gut voran. Über mehrere Aufschwünge geht es hinauf bis wir die riesige Karstfläche erreichen - wie eine Mondlandschaft und so gar nicht Dolomitentypisch! Am Rifugio Rosetta empfängt uns der Trubel der Tagestouristen, die mit der Gondel heraufkommen, so kehrt erst am Abend Ruhe ein.




Am nächsten Morgen werfen wir kurzfristig unsere Pläne über den Haufen. Wegen der angesagten Gewitter trauen wir uns nicht die Tour auf den Cima Vezzana zu. So steigen wir über Ferrata Gusela und Velo, teilweise recht luftig und auch mal ungesichert zum Rifugio Velo della Madonna, vorbei an der berühmten Schleierkante. Auch diesmal schaffen wir es gerade rechtzeitig vorm Gewitter in den Schutz der Hütte.






Angekommen in San Martino di Castrozza sind wir völlig überfordert mit den Touristenmassen und finden erst im Eiscafe etwas Ruhe. Leider ist das Wetter für den folgenden Tag gar nicht gut angesagt, heftige Gewitter und Regenschauer heißt es. So beschließen wir einen Ruhetag einzulegen und fahren nach Cavalese und nutzen die Gelegenheit das Auto umzuparken. Zurück gehts wieder mit dem Bus.

Am nächsten Morgen brechen wir schon früh auf, wir wollen nun einmal quer durchs Lagorai weiterlaufen. Diese Route ist auch als Translagorai bekannt und führt vom Rollepass zum Manghenpass.

Wir folgen einem Wanderweg von San Martino hinauf und wollen von hier aus zur Forcella Ceremana und auf den Kammweg einfädeln. Erst nach 3h bemerken wir, dass wir komplett falsch sind und müssen ein gutes Stück wieder zurück. Der Steig lässt uns in ständigem Auf und Ab über Blockgelände kraxeln. Bald erreichen wir die knallrote Biwakschachtel Bivacco Moro, welche schon von einer Gruppe Italiener belegt ist. So einsam ist es im Lagorai dann doch nicht, jedenfalls nicht in der Ferragosto Woche!
An alten Stellungsmauern unterhalb vom Biwak finden wir einen schönen Zeltplatz. Schon 
bald liegen wir genudelt im Schlafsack.


Was dann die nächsten zwei Stunden abläuft, hätte keiner von uns gedacht. Ein Gewitter zieht auf, mit heftigem Hagel und Regenschauer. Wir kauern uns auf die Matten, grelle Blitze jagen über uns hinweg. Wir haben richtig Angst. Hier auf über 2500m ist das kein Spaß mehr. Irgendwann drückt der Starkregen Wasser durch die Zeltnähte, zum Glück ist es mit Handtüchern halbwegs trocken zu halten.
Nach endlosen zwei Stunden hat der Spuk ein Ende und wir finden doch noch Schlaf. Als ich nachts aus dem Zelt schaue ist es sternenklar und kann einige Sternschnuppen zählen.


Am nächsten Tag gehts vorbei am Bivacco Nicola e Paolo anfangs anspruchsvoll über Blöcke, später auf schönen Hangwegen. Am Ende finden wir wieder einen traumhaften Zeltplatz mit Blick ins Tal und dösen noch lange in der Abendsonne.




Tags drauf jagt uns bereits mittags wieder ein Gewitter vom Kamm und wir steigen über das Val Cavelonte nach Panchia bei Cavalese ab.




Das nächste Schönwetterfenster wollen wir unbedingt für die Durchquerung der nördlichen Brenta nutzen und überspringen den langen Talmarsch von Cavalese ins Val di Sole mit dem Auto.


Wir wissen nicht genau was uns am Sentiero Costanzi erwartet und nehmen noch vorsichtshalber ein kurzes Seil mit. Am Grostepass weht ein starker eisiger Wind.
Zuerst gehts über die Via Ferrata Vidi auf schönen Bänderwegen bis zu einer Scharte, wo der Costanzi Steig abzweigt. In leichter Kletterei, über einige ausgesetzte bröselige Schrofen gelangen wir zum Cima Sassara mit tollem Rundumblick.




Der Weiterweg zieht sich mit viel Auf und Ab über sehr schmale Grasbänder immer vorbei an Steilabbrüchen ewig hin. An den schwierigen Stellen ist der Steig mittlerweile jedoch gut versichert, da kann das Seil im Rucksack bleiben. Wir sind froh über die leichten Rucksäcke. Die Biwakhütte erreichen wir nach knapp neun Stunden Gehzeit. Letztendlich verbringen wir eine unruhige Nacht mit 10 Italienern in der kleinen Hütte und müssen uns eine Matratze teilen. Den langen Abstieg nach Male heben wir uns für den nächsten Tag auf.







Als nächstes Etappenziel wollen wir den Tonale Pass erreichen, da Marks Urlaubstage zur Neige gehen.
Über das Val Genova steigen wir zur Mandrone Hütte auf. Von hier ist es nicht mehr weit zum Sentiero del Fiori, ein Steig an einem luftigen Grat zum Teil auf über 3.000m. Der Klettersteig hat seine Ursprünge im ersten Weltkrieg als hier die Adamello-Front verlief.
Der Höhepunkt der Tour sind zwei lange stählerne Hängebrücken über schwindelerregenden Abgründen. Ansonsten verläuft der Steig meist über den luftigen Grat und vorbei an ehemaligen Kriegsstellungen. Während der gesamten Tour genießen wir spektakuläre Blicke auf den vergletscherten Gipfel des Adamello und auf die Gipfel der Brenta Dolomiten. Im Bivacco Amici della Montagna bekommt man sogar Kaffee und Suppe angeboten. Der Klettersteigspaß wird am Ende leider etwas durch die vielen entgegenkommenden Leute geschmälert, die mit Seilbahn vom Tonalepass heraufkommen.








Leider trennen sich nun unsere Wege, für mich geht es weiter Richtung Westen, für Mark wieder nach Hause.

Beliebte Posts