Schwedische Ostseeküste 1. Teil - 2. Etappe: Piteå – Umeå (Obbola) - 290km, 21 Tage

 

In Piteå wurden wir auf dem Camping Västrakajen als Zeltcamper geduldet, normalerweise stehen hier zur Hauptsaison nur Wohnmobile. Im Windschatten von zwei Häuschen durften wir uns ausbreiten.

Aus zwei Tagen wurden drei, der Wind bremste uns mal wieder aus, aber es war halb so schlimm mit einem Supermarkt in Gehweite und dem Komfort eines Campingplatzes. 

Bald war's dann aber genug. Wir hatten ausgiebig geduscht und Wäsche gewaschen und natürlich unser Proviant aufgestockt, vor allem mit vielen frischen Lebensmitteln, das ist einer der Vorzüge am Kajak – unserem schwimmenden Kühlschrank.


Besonders angetan haben es uns fertige Falafel und Halloumi in jeglicher Kombination, unser wahrscheinlich meist gekochtes Essen nach Spaghetti aglio olio. Aber auch Karotten, Paprika, Äpfel und Eier halten sich einige Tage und sind meist als erstes aufgegessen gegenüber dem faden Trockenfutter.

Kaum haben wir die windgeschützte Bucht verlassen, peitscht uns Wind und Welle entgegen, wir haben gerade mal 10km aus der Stadt heraus geschafft. Es nützt alles nichts für heute ist der Paddeltag bereits nach 2 Stunden wieder beendet. Wir finden einen kleinen Strand an dem wir unser Zelt aufschlagen können. Gegen Abend beruhigt sich der Wind. Von nun an folgen wir der Küstenlinie Richtung Süden, den Schärengarten haben wir mit Piteå hinter uns gelassen.

Immer wieder queren wir größere Buchten, wenn Wind und Welle passen, manchmal sind wir somit einige Kilometer vom Ufer entfernt und erreichen erst nach 10km das andere Ufer oder die nächste Landzunge.

Mit der Zeit gewöhnt man sich an die Monotonie des Paddelns, die Gedanken schweifen ab, irgendwann meldet sich der Magen oder die Blase und wir legen eine kleine Pause ein. Mittags machen wir länger Rast und dehnen die Beine, die ganz steif werden vom langen Sitzen. Am Nachmittag bestimmt nach wie vor der Wind wann wir uns einen Lagerplatz suchen.


Auf der Insel Pite-Rönnskär finden wir eine Jugendherberge mit Cafe, einen Grillplatz und natürlich eine Sauna. Vom Hafen aus beobachten wir wie eine Fischreuse aus dem Wasser gehoben wird. Wir entscheiden uns hier zu bleiben und platzieren unser Zelt gleich neben einem Grillhäuschen, wo wir uns mit unseren tausend Sachen und 
Beuteln ausbreiten. Über einen Fußweg laufen wir zum Leuchtturm und zu einer kleinen Kirche und später weiter über einen Pfad quer über die Insel zu einer kleinen Bucht. Die Spaziergänge nach der Paddelei sind mittlerweile Pflicht und den Beinen tuts auch gut.

Der nächste kleine Gästehafen, den wir nun ansteuern befindet sich hinter dem Ort Byske bei Furuögrund. Wieder finden wir hier einen malerischen Hafen mit Cafe. Zelten dürfen wir diesmal zwar nicht direkt am Hafen aber auf dem angrenzenden Campinggelände. Am nächsten Tag sind starker Wind und Regen vorhergesagt, also bleiben wir. Mark fühlt sich nicht gut und bleibt den ganzen Tag im Zelt, ich laufe auf dem schönen Furuöleden in den 7km entfernten Ort Byske und kaufe ein paar Leckereien ein. Auf dem Rückweg nimmt mich zum Glück ein Pärchen im Auto mit.


Auch die nächsten zwei Tage gibt es keine Wetterbesserung. 

Nach drei Tagen brechen wir wieder auf, im Morgennebel tasten wir uns langsam an der Küste entlang, bis der zähe Nebel sich endlich auflöst und uns strahlender Sonnenschein empfängt. An einem langen Sandstrand finden wir einen schönen schattigen Zeltplatz unter Kiefern. Der Sonnenuntergang könnte nicht schöner sein.

Bjuröklubb ist eine Landzunge die weit in die Ostsee hineinragt. Auf einer 

exponierten Klippe thront hoch oben über dem Meer ein gelber Leuchtturm - die ehemalige Lotsenstation. Versteckt in einer kleinen Bucht finden wir die Einfahrt zum kleinen Gästehafen, von wo aus wir auf einem Fußweg den Leuchtturm erreichen. Auch hier ist ein kleines Café angeschlossen. Nachdem das Zelt steht, lassen wir uns ein leckeres Krabbenbaguette schmecken.


Die nächsten zwei Tage verbringen wir hier mit kleinen Wanderungen und genießen am Abend die Sauna im Hafen. Ab und zu besucht uns ein einzelnes weißes Rentier am Zelt, das gehört wohl hierher.

Der Wind hat nun wieder Fahrt 

aufgenommen, bei Windstärke 6 trauen wir uns nicht am exponierten Steilufer um Bjuröklubb herumzupaddeln, so hoffen wir, dass es am nächsten Tag wieder abflaut und wir nachmittags los können. Unser Wunsch wird diesmal erhört, um 16 Uhr sitzen wir in den Kajaks und kämpfen uns mühsam gegen die letzten großen Wellen aufs Meer hinaus. Nun kommen die Wellen seitlich von hinten und wir müssen fast nur noch steuern. Die Wellen schieben uns mühelos voran und bald lassen wir die Landzunge hinter uns. Es dauert nicht lange und der Wind kommt komplett zum Erliegen. 

Gegen Abend wird die Stimmung immer schöner, wir gleiten auf spiegelglatter See in einen unbeschreiblichen Sonnenuntergang hinein. Kaum ist die Sonne untergegangen geht über dem Meer der Vollmond vor einem pink lila farbenen Horizont auf. Wir können uns kaum satt sehen am Farbenspiel. 



Die letzte Stunde paddeln wir in der Dämmerung und erreichen um 23 Uhr die kleine Halbinsel Pålholmen. In einer kleinen offenen Hütte finden wir hier den perfekten Platz für die Nacht. Nach einem Mitternachtsimbiss fallen wir müde ins Bett und schlafen am nächsten Tag aus.



Der Weg führt uns vorbei am idyllisch gelegenen Zeltplatz in Sikeå und dem kleinen Gästehafen in Ratan. Hier landen wir zur Mittagspause an, durch Zufall entdecken wir das All-you-can-eat Buffet im Restaurant Tullgården und bleiben spontan zwei Nächte. Ratan ist ein typisch schwedischer Ort wie aus dem Bilderbuch mit seinen rot weißen Häusern. Wir unternehmen ein paar Spaziergänge zum Beispiel zu den Landmarkierungen, welche z.T. aus dem Jahr 1749 stammen. Diese dokumentieren, dass sich das Land um ca. 8 mm pro Jahr hebt.




Der Hafen bietet alles was sich Segler und Paddler wünschen, einen gemütlichen Gemeinschaftsraum mit Küche, Dusche, Toilette und Waschmaschine. Das Beste jedoch sind die Leihfahrräder. Am gleichen Tag noch radeln wir zum Supermarkt im nächsten Ort. Es sind zwar nur 10km, aber es endet in einer ziemlichen Odyssee. Auf halbem Weg fängt es an zu regnen, wir quälen uns mit unseren Puddingbeinen die Schotterpiste hoch und runter und kommen ziemlich durchnässt in Bygdeå an. Was tut man nicht alles für ein ein paar frische Nahrungsmittel.

Die Tage auf dem Wasser vergehen. Es wird zusehends schwieriger einen akzeptablen Platz fürs Zelt zu finden. Dort wo es trocken ist, stehen Ferienhäuser, alles andere ist feucht und sumpfig oder dichtes Unterholz. 

Skelleftehamn mit einer riesigen lauten Fabrik umpaddeln wir in einem Bogen und müssen gegen hohe Seitenwellen ankämpfen. Nach erfolgloser Zeltplatzsuche werden wir abends von einem Einheimischen eingeladen auf seinem Grundstück zu zelten und bekommen noch dazu ein Bier spendiert und dürfen Dusche und Toilette mitbenutzen – kaum zu beschreiben wie glücklich wir sind.


Das Glück bleibt weiterhin auf unserer Seite. Über Facebook, liest Simon (Simonpåtur) von unseren Schwierigkeiten und vermittelt uns spontan einen Schlafplatz bei Olaf und Annika in Obbola, Nähe von Umeå. Nach einem langen anstrengenden Tag erreichen wir die kleine Bucht Vitskärsudden.
Hier muss es sein! Mit unseren Kajaks gleiten wir durch den Uferbewuchs und werden schon erwartet. Das Beste ist, dass wir diese Nacht im Gästehaus schlafen dürfen, es wird auf der gesamten Tour unsere einzige Nacht in einem richtigen Bett sein - was für ein Genuss!

Wir genießen die Gastfreundschaft und die Gespräche am Feuer mit leckerem Renskåv – unser Lieblingsessen in Skandinavien. Der Abschied von diesem idyllischen Ort fällt uns schwer. Olaf begleitet uns noch ein Stück im Kajak, bevor wir eine größere Bucht queren und das Ufer in weite Ferne rückt.













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