Schwedische Ostseeküste 1. Teil - 3. Etappe: Umeå (Obbola) - Höga Kusten (Härnösand) - 230km, 13 Tage

 


Unser nächstes Etappenziel ist die Höga Kusten ("Hohe Küste"), welche seit dem Jahr 2000 zum Weltnaturerbe gehört.
Auf dem Weg dorthin werden wir einige größere Buchten queren, wie Mjölefjärden, Örefjärden und den Degerfjärden. Besonders vor letzterer gruselt es uns, denn es stehen 15km offenes Wasser bevor, wenn wir nicht die komplette Bucht ausfahren wollen.Wir vermissen schon bald die kleinen Inseln der Schärengärten, die wir zwischen Haparanda und Piteå so geliebt haben. Für die großen Querungen muss sowohl das Wetter stimmen, als auch der Wind und wir müssen uns moralisch darauf einstellen. Man schaltet zwar irgendwann in eine Art "Automodus", wo nur noch der Paddelschlag zählt aber die Monotonie des Wassers macht einem trotzdem zu schaffen. Entweder man grübelt stundenlang über ein zukünftiges Projekt nach oder muss sich anderweitig im Kopf beschäftigen. Da hilft besonders gut Musik oder Podcast hören sodass die Zeit und die Kilometer schneller verfliegen.
Der Wind macht uns wieder mal zu schaffen. Nach wie vor, versuchen wir möglichst früh zu starten, um vor dem stärker werdenen Gegenwind am Nachmittag bereits an unserem Lagerplatz zu sein.


Im Örefjärden können wir uns zum Glück von Insel zu Insel hangeln, eine Ausnahme in dieser Gegend.
Ein paar Kilometer weiter in Järnäsklubb finden wir einen kleinen Hafen, wo wir einen Ruhetag einlegen. Da wir direkt auf einer Wiese am Spazierweg zelten, fühlen wir uns zwar die ganze Zeit beobachtet aber Pizza und Eis im angrenzenden Restaurant entschädigen dafür, noch dazu dürfen wir die Liegestühle auf der Terrasse mit benutzen und so ganz bequem über Mittag vor uns hindösen. Wenn am Abend alle Besucher weg sind, verziehen wir uns auf die felsige Landzunge, von wo man einen weiten Blick über die Ostsee hat.

Nun steht sie an, die Querung über den weiten Degerfjärden. An diesem Morgen starten wir wieder besonders früh und mit einem mulmigen Gefühl im Magen. Die ersten 10 km sind ganz entspannt, langsam nimmt gegen Mittag der Wind wieder an Fahrt auf. Es wird zunehmend schwieriger den Kurs zu halten, so driften wir viel zu weit in die Bucht hinein und müssen am Ende mit voller Kraft gegen den Wind um die Landzunge Själnön herumpaddeln.
Mit langen Armen erreichen wir nach knapp 30km die Bucht vor Husum (der Ort heißt wirklich so...).
Rasch verteilen wir die Aufgaben, einer baut das Zelt auf, der andere sprintet zum Supermarkt. Abends sitzen wir am Strand und lauschen dem trompeten der Kraniche. Wir haben uns mächtig die Bäuche vollgeschlagen, am Ende verputzen wir sogar noch einen halben Kladkakka (schwedischer Brownie) zum Nachtisch.

Der nächste Tag wird einer der schönsten unserer Reise, die See ist spiegelglatt, wir paddeln mühelos zum "Eingangstor" der Höga Kusten - dem exponierten Felsen von Skagsudde. Nach einer Mittagspause in der Hafenbucht gehts weiter bis zur Insel Grisslan. Wir finden einen kleinen Kiesstrand unweit vom Ort und schlagen dort unser Nachtlager auf. Über einen Pfad durch herrliche Nadelwälder wandern wir am Nachmittag in das malerische Fischerdorf. 

In den kommenden Tagen wollen wir auch ein paar Wanderungen unternehmen. Vorbei an der Insel Trysunda, wo wir den bisher leckersten Kanelbullar (Zimtschnecke) verspeisen, machen wir einen Abstecher zum Festland und landen an der Halbinsel Tärnättholmarna an. Von hier aus gehts zu Fuß weiter, wir folgen dem gut beschilderten Wanderweg in den Skuleskogens Nationalpark. Der Weg führt zur berühmten Slåttdalskrevan, einer imposanten 200m langen und 30m tiefen Felsschlucht. Aufgrund der Bekanntheit sind wir natürlich nicht alleine aber es lohnt sich die hohen Felswände zu durchschreiten. Anschließend kann man vom Slåttdalsberget einen herrlichen Ausblick über die vorgelagerten Inseln genießen.

Wir haben bisher erstaunliches Glück mit dem Wetter, das sollte bei den Querungen auch unbedingt passen, da das Wasser an der Höga Kusten besonders tief ist und sich durch die Steilufer recht schnell unangenehme Wellen aufbauen können.
Der nächste Tag führt uns zur bekanntesten Inselgruppe im Herzen der Höga Kusten- die Ulvön Inseln.
Auf Ulvön wollen wir gleich einpaar Tage verbringen. Wir wandern auf und um den Lotsberget zu einsamen Buchten und genießen die Stille des Naturzeltplatzes am äußersten Zipfel Rödharen. Von hier sehen wir jeden Tag die Fähre ein und auslaufen, die Besucher vom Festland auf die Insel bringt. Im Hauptdorf Ulvöhamn gibt es jeglichen Komfort - ein Hotel, Restaurants, einen kleinen Supermarkt und einige wenige Läden. Wenn man wollte, könnte man auch den bekannten Surströmming verkosten, welcher hier traditionell hergestellt wird, aber wir bleiben bis zuletzt skeptisch. Trotz alledem ist es sehr beschaulich.

Die meisten Tage weht nun wieder kräftiger Wind mit Böen bis zu Windstärke 7. Nach vier Tagen wollen wir endlich weiter und hoffen, dass der Wind nachlässt. Vorsichtig tasten wir uns aus der schützenden Bucht, draußen empfangen uns hohe Wellen und Nordwind. Dieser schiebt uns rasch voran, sodass wir bald eine Pause zum Verschnaufen brauchen und eine Pause am Südzipfel Ulvöns einlegen, beim alten Fischerort Marviksgrunnan. Es ist Mitte August und hier bereits Nachsaison, der kleine Hafen ist wie ausgestorben.
Nach langem Zögern schauen wir aufs Meer, ob es endlich ruhiger wird, damit wir die 5km lange Querung zum Festland in Angriff nehmen können. 
Tatsächlich flaut der Wind ab sodass wir noch ein gutes Stück bis zum Hafen von Bönhamn weiterpaddeln. Unterwegs sehen wir immer wieder etwas  aus dem Wasser luken - ein paar Seerobben begleiten uns, sind aber sehr scheu. Mittlerweile hat der Wind gedreht und bläst nun mit voller Kraft von vorn, so bleiben wir in Bönhamn.
Auch hier finden wir wieder eine Küche und Sanitäreinrichtungen für Segler vor. Wir freuen uns über den Komfort und mittlerweile sind die Gästehäfen eine willkommende Abwechslung zum wilden Camping geworden.
Am nächsten Tag machen wir noch Stop in Barstahamn und laufen zu Fuß zur Rotsidan Felsenküste, trotz trübem Wetter lohnt es sich. 
Auf dem Camping treffen wir zwei Wanderer, Evelyne und Micha und verbringen einen schönen Abend im Restaurant.
Zwei Tage später erreichen wir den Sälstens Camping am Rande von Härnösand. Wie geht's nun weiter?

Wir treffen schweren Herzens den Entschluss unsere Tour hier vorzeitig zu beenden. Es ist stürmischer Wind angekündigt und wir würden wieder mehrere Tage festsitzen. Die Luft ist raus! 
Bevor der unliebsame Teil des Zusammenpackens beginnt, unternehmen wir noch eine ausgedehnte Wanderung über den Härnöleden zum Sandstrand Smitingen und seinen Felsgrotten. Während der Oberkörper nun gut durchtrainiert ist, haben die Beine um so mehr Muskeln verloren, was wir gleich zu spüren bekommen. 

Ein paar Tage später setzen wir bereits mit der Fähre nach Rostock über, drei Tage dauert unsere Heimfahrt insgesamt, dank Nachtzug und Nachtfähre ist es allerdings erträglich. Schnell sind die Anstrengungen der letzten Wochen verdrängt und zu Hause angekommen, sind wir uns einig - wir setzen die Reise im nächsten Jahr fort!










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